„In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?“: Schola Cantorum Leipzig mit Engelbert Humperdincks Meisterwerk „Königskinder” zu erleben |
Am 29. und 30. Juni 2019 im Theater der Jungen Welt LeipzigAm 29. und 30. Juni 2019 bringen Gesangssolisten, Instrumentalisten, Kinderchor und Extrachor der Schola Cantorum Leipzig Engelbert Humperdincks selten aufgeführte Märchenoper „Königskinder” im Theater der Jungen Welt Leipzig auf die Bühne. Den Namen Engelbert Humperdinck verbinden viele Klassik-Fans mit seiner berühmtesten Oper „Hänsel und Gretel”. Weit unbekannter und zu Unrecht wesentlich seltener zu hören sind seine „Königskinder”, ein tiefgründiges und farbenprächtiges Kunstmärchen über das tragische Schicksal zweier jungen Menschen, denen sich eine eitle, satte und herzlose Gesellschaft entgegenstellt. Eine Gesellschaft, die alles verbannt, was sie befremdet, und in der nur Geld und Status zählen. Dass es dabei am Ende keine Sieger geben kann, ist eine unbequeme Wahrheit. Es ist die Geschichte der Gänsemagd (Leevke Hambach), die als Waisenkind bei ihrer vermeintlichen Großmutter (Louisa Reh) im Wald aufwächst und deren Herkunft lange unklar bleibt. Es ist auch die Geschichte des Königssohns (Nils Hübinette), der das väterliche Schloss verlässt, um der Krone überhaupt erst würdig zu werden. Es ist die Geschichte des Spielmanns (Lars Conrad), dessen Kampf gegen Unmenschlichkeit, Lügen und Habsucht in bittere Resignation mündet. Aber es ist auch die Geschichte der Kinder, die sich gegen ihre Eltern auflehnen und vermögen, wozu die einfältigen Bürger Hellabrunns nicht im Stande sind: Fremde nicht nur nach ihrem Äußeren zu beurteilen. Wagnersche Musiktradition mit brandaktuellen Bezügen Dass das Opernprojekt ausgerechnet im Sommer 2019 auf dem Spielplan der Schola Cantorum Leipzig steht, ist kein Zufall: „Denn angesichts gesellschaftlicher Debatten über soziale Ungleichheit, nationale Identität, die Anliegen demonstrierender Schüler oder den Umgang mit Fremden hat Elsa Bernsteins Libretto seit der Uraufführung vor über 120 Jahren nicht an Aktualität verloren. In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Über diese Frage bringen uns Humperdincks ‚Königskinder’ auch und besonders in unseren Tagen zum Nachdenken”, so Friedrich. Tatsächlich und rein quantitativ betrachtet spielt der Kinderchor in Humperdincks Oper nur eine „Nebenrolle“. Inhaltlich aber ist die Kinderchorpartie fast die wichtigste, wenn nicht die entscheidende, denn nur die Kinder in Hellabrunn sind im Stande, den als Schweinehirten verkleideten Königssohn und seine Gänsemagd als die wahren Königskinder zu erkennen.
Die Arbeiten an der Oper haben fast ein Jahr gedauert, wobei der größte Teil der Zeit dafür verwendet wurde, das Werk für zwei Klaviere zu vier Händen einzurichten und auf 90 Minuten zu kürzen. Dabei sollten die wichtigsten Partien erhalten bleiben und Kürzungen vom Zuhörer nicht zu merken sein. Die Proben des Kinderchores haben Ende März 2019 mit Einführungsworkshops begonnen. Seitdem arbeitete er mehrgleisig mit Stimmbildnern, Choreografen und Chorleitern an der Einstudierung. Zu choreografieren waren z.B. die Gänse, die in der Oper eine den Inhalt mitentscheidende Rolle spielen, und die die Gänsemagd über den kompletten ersten Akt begleiten. Auch die Kinder des Besenbinders treten an mehreren Stellen choreografisch in Erscheinung. Mitglieder aus Mädchen- und Frauenchor der Schola Cantorum wirken als Bürger Hellabrunns im Extrachor mit. Die Mitglieder des Chores freuen sich besonders auf diese neue Theatererfahrung und sind gespannt, wie ihr musikalisch-schauspielerisches Agieren beim Publikum ankommen wird. Informationen: Foto: Marcus Friedrich, Schola Cantorum Leipzig
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