Der Leipziger Kammerchor auf dem Weg zum 50jährigen Bestehen Drucken

„Klingende Stille“ im Leipziger Völkerschlachtdenkmal

Thumbnail imageIm November 2022 konnte der Leipziger Kammerchor das Projekt „Klingende Stille“ realisieren – die Zusammenstellung zweier sich zunächst widersprechender Begriffe war der Kompass durch unser Programm. Stille bietet Ruhe für Konzentration, Reflexion oder religiöse Erfahrungen. Stille lässt uns schweigend zusammenkommen, Stille lässt Raum für Erinnerungen.

Klang dagegen dringt in uns ein. Geräusche bewegen uns, Musik ergreift uns emotional. Stille und Klang – beides ist lebensnotwendig. Ohne Stille sind wir reizüberflutet und ruhelos. Aber ohne Klang in vollkommener Stille, ohne Reflektionen und Wahrnehmungen sind wir leer und orientierungslos.

Mit tragenden Werken von Gabrieli, Monteverdi, Schütz, Brahms und Saint Saëns brachten wir das gigantische Völkerschlachtdenkmal zum Klingen. Besondere Highlights waren Werke für Chor mit Cello-Solo. Neben Gjeilos „Serenity“ kamen drei romantischen Quartette von Arensky zur Aufführung, dessen Texte in bombastischen Naturbeobachtungen schwelgen und in der Natur nach Frieden und Ruhe suchen.

Den Höhepunkt bildete Taveners „Svyati“. Es ist dem Gedenken an einen verstorbenen Freund gewidmet. Der Text ist in Kirchenslawisch geschrieben und wird in fast jedem russischorthodoxen Gottesdienst verwendet. Das Cello stellt dabei den Priester oder die Ikone Christi dar. Wie im griechischen Drama stehen Chor und Priester miteinander im Dialog. Mit den letzten hohen Tönen scheint das Cello als Vertreter Jesu in den Himmel aufzusteigen. Eindrucksvoller kann man ein Konzert nicht beenden.

Der Leipziger Kammerchor, der seit 1973 das musikalische Leben Leipzigs bereichert, musiziert nun bereits im achten Jahr in zwei Gruppen. Die Mitglieder der Gruppe Andante gehören dem LKC meist schon lange an und teilen ihre Freude am Singen unter der Leitung von Georg Mogwitz. Die Gruppe Con Moto, geleitet von Andreas Reuter, spricht ambitionierte Sängerinnen und Sänger unter 50 Jahren an, die an anspruchsvoller Chormusik interessiert sind.

Konzerte führten uns zu nationalen und internationalen Aufführungsorten. Doch auch zu Hause können wir auf Programme an besonderen Orten zurückschauen, wie „Reformation und Revolution“ im Völkerschlachtdenkmal oder „Fürchte dich nicht!“ direkt im Boxring. Ein Höhepunkt war die Aufführung der „Markuspassion“ von Keiser mit dem Leipziger Barockorchester. Mit „Sumer is icumen in” brachten wir im Gemeinschaftsprojekt mit der Universität Leipzig geistliche und weltliche Sprachdokumente aus allen Epochen englischer Sprachgeschichte in authentischer Aussprache zum Klingen. 2021 durften wir ein Konzert der Reihe „Leipzig klingt weiter“ im Leipziger Gewandhaus realisieren.

Die Gruppe Andante führten zahlreiche Konzerte in das Leipziger Umfeld, wo Frühjahrs- und Sommerprogramme zur Aufführung kamen. Mit unzähligen Auftritten in Altenheimen der Region engagiert sich Andante zudem besonders, um auch die Menschen zu erfreuen, die keine Möglichkeit mehr haben, Konzerte zu besuchen und somit ein Stück Lebensfreude zurückzubringen.

Der Leipziger Kammerchor begeht im Jahr 2023 sein 50jähriges Jubiläum. Dazu werden die beiden Chorgruppen auch in zwei Konzerten gemeinsam musizieren und jeweils eine Uraufführung erarbeiten.

Zum Konzert „Liebe“ am 9. Juni 2023 werden wir im Leipziger Gewandhaus Brahms Liebesliederwalzer op. 52 für Klavier zu vier Händen aufführen. Dieses Konzert bindet beide Chorgruppen ein und schafft somit ein generationenverbindendes Element. Eine lockere Folge von Liebesliedern auf lyrisch-schwelgende, heiter-ironische, aber auch energisch-bestimmte Texte.

Als Ergänzung zu Brahms Liebesliederwalzern lassen wir vom Komponisten Dr. Franz Kaern-Biederstedt ein Auftragswerk erschaffen, welches sowohl der Liebe als auch der Musik als zeitlosen Kraftquellen huldigt (Auftragswerk - gefördert durch die Kulturstiftung Sachsen). Als Inspiration für die Kompositionstechnik und Textbehandlung dienen dabei Madrigale der Renaissance. Es wird jedoch keine Stilkopie entstehen, sondern eine eigene zeitgenössische Klangsprache mit lebendigen rhythmischen Elementen.

Unser traditionelles gemeinschaftliches Adventskonzert wird im Jubiläumsjahr ebenso mit einer Uraufführung bereichert. In Adventskonzerten erklingen meist bekannte Melodien. Auch beim Gemeinschaftskonzert von Con Moto und Andante am 3. Dezember 2023 in der Bethanienkirche soll das so sein – doch stellen wir den bekannten Weihnachtsliedern hier ein zeitgenössisches Werk der Komponistin Dr. Sarvenaz Safari gegenüber (Auftragswerk - gefördert von der Kulturstiftung Sachsen). Soviel sei schon verraten: das Thema Licht wird eine zentrale Rolle spielen. Wir möchten Offenheit und Toleranz einbringen, sich auch auf ungewohnte Textebenen und Klangsprachen einzulassen.

Als weitere Konzerte 2023 plant die Chorgruppe Con moto das Requiem von Mozart gemeinsam mit dem Leipziger Barockorchester, Konzertreisen in Deutschland zum Thema Heimat und wird beim Konzert des VDKC-Landesverbandes Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen zum Tag der Sachsen in Aue gemeinsam mit der Erzgebirgischen Philharmonie Aue musizieren.

www.leipziger-kammerchor.de

Eva Wolter
28.11.2022