Konzertchor Buchholz mit Uraufführung von Rainer Theodor Schmitz Drucken

Rainer Theodor Schmitz: Psalm 90 (UA) und Luigi Cherubini: Requiem in c-Moll in einem Konzert

Thumbnail imageStolz nahmen wir, die Sängerinnen und Sänger des Konzertchors Buchholz, bei unserem alljährlichen Probenwochenende im Mai die neuen Noten entgegen. Hatte doch der Chorleiter, Rainer Theodor Schmitz, dem Chor sein neues Werk gewidmet: Eine Vertonung des Psalms 90, in lateinischer Sprache.

Doch in die Freude mischte sich auch bald ein Bangen, als wir die Noten genauer betrachteten. Wie sollen wir denn da zählen? Da wechselt ja ständig der Takt – sechsachtel, siebenachtel, fünfachtel, dreiviertel, zwölfachtel...!

„Das ist ganz einfach," meinte der Komponist, „der Taktwechsel ergibt sich logisch aus dem Text!" – Nun ja...
Und dann das Notenbild! Handschriftlich – was in hundert Jahren eine Kostbarkeit sein mag, aber wir Sänger hätten es lieber gedruckt gehabt.
Doch schon die ersten Probenstunden zeigten, dass dieses Werk zwar nicht einfach war, aber zumindest interessant.

Jeder Probenabschnitt begann nun mit dem Psalm, zunächst nur mit den ersten Takten des Choreinsatzes. Wiederum „ganz einfach", wie Herr Schmitz behauptete, denn die ganze Komposition basiere lediglich auf einem Moll- und einem Dur- Akkord im Abstand einer kleinen Terz. Leicht gesagt, aber schwer gesungen, jedenfalls für einen Laienchor. Immer wieder wurden die Akkordfolgen geprobt, mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. „Ja toll, es geht doch!" lobte der Chorleiter. Wir sahen uns verstohlen an: Das soll richtig gewesen sein? Und, mal ehrlich: War das schöne Musik?
Uns taten nur die Leute leid, die nicht mit bei dem Chorwochenende waren. Wie sollten die jemals den Anschluss kriegen? Rhythmisch war das Werk auch nicht gerade einfach. Abgesehen davon, dass man sehr genau zählen und hinsehen musste, um die oft schnell wechselnden Takte richtig nachzuvollziehen. Dies dürfe nicht schwierig sein, meinte Herr Schmitz, man müsse halt den Text auswendig lernen, dann komme alles wie von selbst!

Wie entspannend erschien uns dann das Singen, wenn nach einer Pause das Requiem von Cherubini geprobt wurde! Es kam uns wie die reinste Erholung vor. Oh, auch da gab es Stellen, die nicht sofort klappten, die schwierig waren und immer wieder geübt werden mussten. Zum Beispiel das als Fuge angelegte „Quam olim Abrahae" bedeutete durchaus eine Herausforderung für den Chor. Doch die Musik berührte uns, wir konnten die lyrischen sowie die dramatischen Stellen, eng am Text komponiert, nachvollziehen. Und die Harmonien waren uns vertrauter.

Mit der Zeit gewöhnten wir uns auch an den Psalm von Schmitz, seine Töne und Akkorde inklusive Taktwechsel. Herr Schmitz begleitete die Proben mit dem Flügel. Das war natürlich hilfreich, um die ungewohnten Harmonien ins Ohr zu bekommen. Aber es gab Stellen, zum Beispiel in Vers sieben (quia defecimus in ira tua et in furore tuo turbati sumus = Das macht dein Zorn, dass wir so vergehen, und dein Grimm, dass wir so plötzlich dahin müssen), da wurde der Zorn Gottes durch den Flügel so lautstark deutlich, dass wir uns fragten, ob denn der Chor überhaupt eine Chance hatte, gehört zu werden. Überhaupt schien die Begleitung gar zu massiv zu sein. Natürlich wurde auch immer wieder ohne Klavier geprobt, doch wie sollte das mit Orchester werden? Würden wir uns gegen die starken Blechbläser und Streicher durchsetzen können? „Egal, wie wir singen", flüsterte eine Sängerin, als gerade die Männerstimmen dran waren, „man hört uns ja sowieso nicht."

Ganz allmählich begannen wir, das Stück zu mögen. Nachdem wir die Chorsänger, die nicht mit beim Chorwochenende gewesen waren, mit dem Psalm erschreckt hatten („Das lernen wir nie!"), gedieh die Umsetzung nach und nach immer besser. Wir begannen, auch in diesem Werk die romantischen und die furiosen Stellen der Musik zu empfinden und umzusetzen. Der enge Zusammenhang von Text und Musik wurde deutlicher. Langsam wurde aus den Tönen und Akkorden Musik.

Zugegeben: Zum Ohrwurm wurde der Psalm erst kurz vor der Aufführung. Inzwischen hatten wir auch die gedruckten Noten, die ungewohnten Harmonien waren zugänglicher geworden – wir lernten, die Musik zu verstehen und zu lieben. Doch blieb eine gewisse Skepsis: Ob wohl das Publikum Zugang zu der Komposition bekommen wird. Wir hatten ja lange Zeit, uns damit auseinander zu setzen, doch wie wird es auf die Leute wirken, die es das erste Mal hören?

Bei der ersten Orchesterprobe erfasste uns dann Begeisterung.
Zunächst kam die erleichternde Erkenntnis: Wir mussten uns gar nicht gegen das Orchester durchsetzen! Das Orchester unterstützte und leitete uns. Bereits in der Einleitung spielten die Blechbläser die Dur-Moll-Akkordfolge, so dass der Chor keine Mühe hatte, sich in die Harmonien zu finden. Und alle Einsätze, die uns bei den Proben oft so schwer gefallen waren, wurden vom Orchester eingeleitet oder unterstützt. Die Musik begeisterte uns. Durch das Zusammenspiel von Chor und Orchester stimmte nun alles und passte zusammen.
Und bei den beiden Aufführungen erhielt der Komponist Standing Ovations.

Termin: 6. und 7. November 2010
Mitwirkende: Konzertchor Buchholz, Harburger Sylvesterorchester
Dirigent: Rainer Theodor Schmitz

Antonie Hartmann
Konzertchor Buchholz
10.02.2011