Vereinsrechtliche Fragestellungen während der Corona-Krise – Teil II Drucken

Mittelverwendung, Beiträge, Spenden

Thumbnail imageDas gesamte Kultur- und Vereinsleben ist aktuell besonders schwer von den Folgen der Corona-Krise betroffen. Doch nicht nur der schmerzliche Verzicht und die Absage von Konzerten und Veranstaltungen bereitet den Vereinen Sorge, auch die Frage nach dem Umgang mit den Vereinsregularien beschäftigt viele: Mitgliederversammlungen, Entscheidungsbefugnisse des Vorstandes, Mitgliedsbeiträge, Mittelverwendung oder drohende Spendenausfälle sind nur einige Beispiele von Problemfeldern.

Mit Unterstützung des Internetportals www.vereinsknowhow.de erläutern wir bestehende Grundlagen zu finanziellen und steuerlichen Sachverhalten für Vereine:

I. Mittelverwendung

Das Bundesfinanzministerium hat insbesondere für Spenden und Mittelverwendung steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene beschlossen. (Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 09.04.2020, IV C 4 -S 2223/19/10003 :003). Zusätzlich werden in den FAQ „Corona“ (Steuern) des Bundesfinanzministeriums weitergehende Fragen der Gemeinnützigkeit im Zuge der Sonderregelungen beleuchtet.

Fristen
Können wegen der Coronakrise Mittel nicht zeitnah verwendet werden – regelmäßig gilt die Verwendung bis zum Ende des übernächsten Jahrs nach Zufluss als zeitnah – berücksichtigt das Finanzamt die Auswirkungen der Coronakrise.

Gemeinnützige Einrichtungen erhalten damit mehr Zeit als gewöhnlich zur Verwendung der angesammelten Mittel. Die jetzt im Jahr 2020 eigentlich für einen bestimmten Zweck zur Verwendung vorgesehenen Mittel müssen also nicht irgendwie anderweitig verwendet werden, nur damit der Status der Gemeinnützigkeit erhalten bleibt.

Auflösung von Rücklagen
Eine gemeinnützige Einrichtung kann in der Vergangenheit gebildete Rücklagen, wie zum Beispiel zur Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern, ohne Gefährdung der Gemeinnützigkeit auflösen und verwenden, um die negativen Auswirkungen der Corona-Krise finanziell abzumildern.

Beitragsrückerstattungen
Eine Rückzahlung von Beiträgen an Mitglieder oder eine Befreiung der Mitglieder von Beitragszahlungen ist rechtlich grundsätzlich nur dann zulässig, wenn dies in den Satzungsbestimmungen oder der Beitragsordnung des Vereins mit aufgenommen ist. Auch wenn die aktuellen Satzungsbestimmungen oder Beitragsordnungen die Rückzahlung von Beiträgen an durch die Coronakrise wirtschaftlich in Not geratene Mitglieder beziehungsweise die Befreiung dieser Mitglieder von Beitragszahlungen nicht zulassen, ist eine solche Rückzahlung oder eine solche Befreiung ausnahmsweise bis zum 31. Dezember 2020 unschädlich für die Gemeinnützigkeit.

Der Verein muss sich die von dem Mitglied geltend gemachte, durch die Corona-Krise bedingte wirtschaftliche Notlage nicht nachweisen lassen. Einen bereits geleisteten Mitgliedsbeitrag zurückzuzahlen oder auf einen noch ausstehenden Mitgliedsbeitrag deswegen zu verzichten, weil das Angebot der Körperschaft aufgrund der Corona-Krise nicht erbracht werden kann (zum Beispiel aufgrund ausgefallener Übungsstunden oder nicht durchgeführter Sportkurse) ist nicht zulässig.

II. Mitgliedschaft

Rechtfertigt die Coronakrise einen sofortigen Vereinsaustritt?
Zunächst gilt: Ein fristloser Vereinsaustritt ist nur aus wichtigem Grund möglich. Das Verbleiben im Verein muss für das Mitglied unzumutbar sein. Unzumutbar sind hier i.d.R. nur die Beitragszahlungen, weil meist keine anderen Pflichten gegenüber dem Verein bestehen.

Entfallen die Leistungen, die der Verein seinen Mitgliedern anbietet, kann das grundsätzlich ein Grund für eine fristlose Kündigung der Mitgliedschaft sein. Da die entsprechenden Veranstaltungen aber behördlich untersagt sind, hat der Verein kein Verschulden.

Auch aktuell kommt also in aller Regel nur eine ordentliche (fristgemäße) Kündigung in Frage.

Können Mitglieder Beiträge zurückfordern und zurückhalten?
Die Beitragspflicht der Mitglieder ergibt sich aus der Mitgliedschaft. Beiträge sind kein Entgelt für bestimmte Leistungen des Vereins. Die Rechtsprechung hat deswegen eine Rückzahlungspflicht von Mitgliedsbeiträgen auch bei fristloser Kündigung aus wichtigem Grund überwiegend verneint.

Kann ein Verein wegen der behördlichen Verbote seinen Betrieb nicht aufrechterhalten, entsteht daraus kein Recht auf Rückforderung von Beiträgen oder die Zurückbehaltung fälliger Beitragszahlungen.

Ein Vereinsmitglied kann die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen grundsätzlich nicht mit der Begründung verweigern, es sei in seinen Mitgliedsrechten verletzt worden.
Auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB scheidet aus. Die aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses geschuldeten Geldleistungen können nicht mit der Begründung verweigert werden, der Vorstand oder sonstige Vereinsorgane hätten ihre Pflichten nicht erfüllt. Denn der Verein ist zur Erfüllung des Vereinszwecks darauf angewiesen, über die laufenden Zahlungen der Mitgliedsbeiträge die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel zu erhalten (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22.08.2019, 3 U 151/17).

III. Spenden

Tätigkeiten im Bereich der Coronahilfe
Alle steuerbegünstigten Körperschaften dürfen sich – entgegen der sonstigen Vorgaben – unabhängig von ihren Satzungszwecken zur Bewältigung der Auswirkung der Coronakrise engagieren. Das Finanzamt wird aus diesen satzungsfremden Aktivitäten keine negativen Konsequenzen für die Gemeinnützigkeit ziehen. Das gilt z.B. bei Einkaufshilfen für ältere, besonders gefährdete Personen oder für hilfsbedürftige Personen in häuslicher Quarantäne.

Dabei können auch Mittel des Vereins eingesetzt werden. Z.B. kann eine gemeinnützige Forschungseinrichtung vorhandene Schutzmasken unentgeltlich an gefährdete oder betroffene Personen verteilen. In beiden Fällen ist eine vorherige Änderung der Satzung dazu nicht erforderlich.

Die Regelungen beziehen sich auf Aktivitäten zur Förderung und Unterstützung des gesamtgesellschaftlichen Engagements bei der Hilfe der von der Corona-Krise Betroffenen.

Vereinfachter Zuwendungsnachweis
Nach der geltenden Regelung des § 50 Abs. 4 und 5 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ist bei Zuwendung zur Hilfe in Katastrophenfällen bei Spenden auf Sonderkonten der vereinfachte Zuwendungsnachweis möglich. D.h. statt einer formellen Zuwendungsbestätigung genügt ein Überweisungs- oder Einzahlungsbeleg.

Diese Regelung wird auch für Spenden zur Coronahilfe angewendet.

Verwendung von Spenden für die Coronahilfe
Gemeinnützige Einrichtungen sind bei der Verwendung ihrer Mittel grundsätzlich an die eigenen Satzungszwecke gebunden. Im Rahmen der Coronahilfe wären das vor allem die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und mildtätige Zwecke. Diese Einschränkung hebt das Bundesfinanzministerium für die Coronahilfe auf.

Mildtätige Zwecke liegen hier vor, wenn Menschen unterstützt werden, die körperlich hilfsbedürftig oder wirtschaftlich in Not geraten sind.

Auch gemeinnützige Einrichtung ohne entsprechende Satzungszwecke dürfen Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene erhalten haben, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck selbst verwenden.

Bei der Förderung mildtätiger Zwecke muss aber die Bedürftigkeit der unterstützen Personen oder Einrichtungen geprüft und dokumentiert werden. Bei entsprechenden Maßnahmen (z.B. Einkaufshilfen für Personen in häuslicher Quarantäne oder für Personen, die aufgrund ihres Alters, Vorerkrankungen o.ä. zum besonders gefährdeten Personenkreis gehören) darf ohne weitere Nachweise die körperliche Hilfsbedürftigkeit unterstellt werden.

Das Gleiche gilt bei einer wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit für die kostenlose Zurverfügungstellung von Lebensmitteln oder Einkaufsgutscheinen oder Hilfen für Obdachlose. Bei finanziellen Hilfen ist aber die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person glaubhaft zu machen. Als wirtschaftlich hilfsbedürftig gelten Personen, die nicht mehr als das Vierfache (bei Haushaltsvorständen das Fünffache) des Sozialhilferegelsatzes als Einkommen haben. Insbesondere bei Familien liegt die Grenze als recht hoch.

Es reicht aber auch aus, wenn die Spenden entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die z.B. mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine öffentliche Einrichtung zur Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene weitergeleitet werden.

Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, kann entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden, die sie für die Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene erhält und verwendet, ausstellen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.

www.vereinsknowhow.de, VDKC
02.06.2020

Foto: Spenden (Foto: Dennis Skley, Flickr, Lizenz)