Helmut Zapf „Das Glück“: Uraufführung der Berliner Singakademie Drucken

Chor präsentiert Vertonung von Friedrich Schillers Elegie

Thumbnail imageAuf Anregung und im Auftrag der Berliner Singakademie ist ein neues Chorwerk entstanden und am 22. Juni 2014 im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie von ihr unter der Leitung ihres Direktors Achim Zimmermann uraufgeführt worden. Helmut Zapf, avancierter Berliner Komponist, der sich dezidiert der „Neuen Musik“ verschrieben hat, hat auf Wunsch des Chores die Elegie „Das Glück“ von Friedrich Schiller vertont.

Nach der Vertonung der „Medea in Korinth“ (Libretto: Christa und Gerhard Wolf) durch Georg Katzer, einem der Lehrer von Helmut Zapf, hat sich der Chor diesmal einen Text ausgesucht, der sich erneut mit Figuren aus der griechischen Mythologie, diesmal in der Interpretation Schillers auseinandersetzt.

Das Glück, das die Götter ohne Verdienst des Menschen diesem zuteilen oder auch nicht, steht im Mittelpunkt der Elegie. Nur dem wird es zuteil, dem es die Götter schenken. „Selig, welchen die Götter, die gnädigen, vor der Geburt schon liebten, welchen als Kind Venus im Arme gewiegt, welchem Phöbus die Augen, die Lippen Hermes gelöset, ein erhabenes Los, ein göttliches ist ihm gefallen.“ So beginnt nach einer längeren Einleitung durch ein Streichquartett (Sonar-Quartett) Saxophon (Andrey Lakisov) und Klavier (Nadezhda Zelujkina) - das ist die gesamte instrumentale Besetzung - und zahlreichen vom Chor zu erzeugenden Geräuschen das neue Werk, eine Chorfantasie, zu der außerdem noch ein Alt-Solo (Isabel Rejall – eine Entdeckung des Abends) gehört.

Die Laute, die der Chor neben den vielfältigen sehr sanglichen, aber überaus schwierigen Partien zu bewältigen hat, umfassen Schnalzen mit offenem und geschlossenem Mund, hohes und tiefes Kehlkopfknirschen, geräuschhaftes Ein- und Ausatmen, verhauchtem und fortissimo-Flüstern und viele percussionsähnliche Elemente mehr. Die Legende, die der Chorpartitur vorangestellt ist, umfasst alleine dreizehn unterschiedliche Geräusche, deren Notation zunächst erlernt werden muss. Die zahlreichen Gesangspassagen fächern sich bis in die Zehnstimmigkeit auf. Häufige Taktwechsel, rhythmische Strukturen, die eine große Aufmerksamkeit erfordern, enggeführte Dynamiken vom ppp bis zum fff sind Elemente der Zapf’schen Neuen Musik, die allen Beteiligten, auch dem Dirigenten hohe Anforderungen stellen.

Das Publikum im Kammermusiksaal – viele Interessenten an zeitgenössischer Chormusik – nahm das Werk, das etwa eine Stunde dauert, mit großem Beifall auf.

Ergänzt wurde der Konzertabend mit den „Liebesliederwalzern“ op. 52 von Johannes Brahms (am Klavier Sabine Fenske und Sigurd Brauns).

Die Berliner Singakademie hat wieder einmal ihren Anspruch erfüllt, neben der Pflege des klassischen musikalischen Erbes auch der zeitgenössischen Musik ihren angemessenen Ort zu geben.

Ein Hinweis für Interessierte: Das Konzert wurde vom Deutschlandfunk mitgeschnitten. Es wird in der Reihe „Musikpanorama“ am 8. September 2014, 21.05 Uhr gesendet.

Nikolaus Sander, Berliner Singakademie
26.06.2014